Zu wenig und zu spät – Pressemitteilung zum Haushalt 2020/2021

Freie Szene stärkenPRESSEMITTEILUNG

Berlin, den 15. September 2019

 

Zu wenig und zu spät

Berlin wächst, sagt der Senat. Vor allem wird es immer teurer. Etwa 50.000 Menschen machen in Berlin freiberuflich Kunst. Berlins Weltruf als Kunst- und Kulturmetropole lebt vor allem von ihnen. Berlin aber lässt ihnen immer weniger Raum zum Leben.

Die Antwort der Berliner Kulturpolitik? Zwar wächst der Kulturhaushalt im Senatsentwurf noch mal um 12%. Davon profitieren jedoch die Angestellten größerer Kulturinstitutionen, deren Gehälter steigen. Gut. Davon profitiert der schöne Grundsatz der Haushaltswahrheit: die Finanzverwaltung erhöht den Kulturhaushalt, um danach höhere Mieten für die kulturelle Nutzung landeseigener Liegenschaften einnehmen zu können. Auch gut.

Die Freie Szene – in der 95% der Künstler*innen und Kulturproduzent*innen in Berlin arbeiten, präsentieren, darstellen, ausstellen – profitiert wenig oder gar nicht.

Beispiele:

Die Ansätze für die Förderung Bildender Künstler*innen stagnieren schon einmal ganz.

Projekträume sollen nun zwar strukturell gefördert werden, aber ohne substantielle Zuwächse der für sie verfügbaren Finanzierungen. Zugleich werden sie aus dem „Arbeitsraumprogramm“ ausgeschlossen.

Zwar hat der Runde Tisch Tanz erhebliche Mehrbedarfe ermittelt – der tatsächlich geplante Aufwuchs der Förderungen für den zeitgenössischen Tanz deckt davon aber gerade einmal etwas mehr als 10 Prozent. Wozu dann Runde Tische?

Die Basis- und Konzeptförderung für die Darstellende Kunst ist auch jetzt wieder ein wenig verbessert worden. Ein wenig: das heißt, in der Basisförderung fehlen noch immer zumindest 3 Mio. Euro, in der Konzeptförderung 2,6 Mio. Euro.

Die Freie Literaturszene bleibt unverändert in Größenordnungen unterfinanziert – aus 1.1 Mio. Euro werden 1.46 Mio. Euro. Eine Basis- und Konzeptförderung fehlt weiterhin, ebenso Stipendien für Übersetzer*innen und literarische Kurator*innen. Auch die Literatur wird zugleich aus dem „Arbeitsraumprogramm“ ausgeschlossen.

Eine Einzelprojektförderung für Zeitgenössisches Musiktheater fehlt, ebenso eine Spielstättenförderung in den Bereichen Jazz sowie Neue Musik. Zwar werden Projekt- und Stipendienförderung für Neue Musik etwas verbessert, aber nicht einmal in einem Umfang, um angemessene Honorare für Musiker*innen gewährleisten zu können.

Das Anmietprogramm für räumliche Infrastruktur („Arbeitsraumprogramm“) wird um insgesamt 1.5 Mio. Euro verstärkt. Nur für eine ausreichende Atelierförderung für Bildende Künstler*innen wären aber 4 Mio. Euro erforderlich!

Es bleibt dabei: Die Unwucht im Kulturhaushalt bleibt. Die Freie Szene bleibt zum Teil in krasser Form unterfinanziert.

Zur Erinnerung: die CityTax wurde vor allem durch die intensive Öffentlichkeitsarbeit der Freien Szene möglich. Sie sollte ihrer auskömmlichen Finanzierung dienen. Resultat: 51 Mio. Euro Einnahmen CityTax 2018, davon zur Finanzierung der Freien Kunstszene Berlins: 3,5 Mio. Euro. Und so fehlt es eben überall.

Die geplanten Aufwüchse der Finanzierungen für die Freie Kunstszene, wo es sie überhaupt gibt, reichen nicht einmal aus, um den Status quo zu bewahren. Sie werden allein von steigenden Raum- und Mietkosten mehr als aufgefressen.

Nun muss das Abgeordnetenhaus handeln.

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